Wo es in Österreich noch echten Handblaudruck gibt

Der Blaudruck revolutionierte im 17. Jahrhundert die Textilgeschichte Europas; tausende Manufakturen entstanden. Heute wird dieses Handwerk in Österreich nur noch in wenigen Betrieben ausgeübt. Doch Blaudruck erfreut sich nach wie vor großer Beliebheit – nicht nur als Tracht, sondern auch als modebewusster Schuh.

Blaudruckerei Wagner in Bad Leonfelden

Noch älter als das Ofensetzen ist die Kunst des Blaufärbens: Blauer Montag in der Blaudruckerei Wagner in Bad Leonfelden – Karl und Maria Wagner machen heute blau. Sie müssen dazu nicht unbedingt blau sein – das Grün- und Blauschlagen allerdings bleibt ihnen nicht erspart. Das Ehepaar Wagner ist natürlich an diesem Montag äußerst fleißig, stocknüchtern und vollkommen friedfertig. Doch das uralte Handwerk, dem sie nachgehen, hat seine Spuren im allgemeinen Sprachgebrauch hinterlassen. Nicht erst seit dem Zeitalter der Blue Jeans werden Stoffe blau gefärbt, sondern schon seit tausenden Jahren. Warum gerade blau? „Das Blaufärben“, erklärt Karl Wagner, „ist die einzige Technik, mit einer kalten Brühe – wir sagen Küpe – zu färben. Durch die dunkle Farbe wurde das Gewand unempfindlich für Schmutz. Das einheimische Färberwaid und später der indische Indigo waren außerdem relativ preiswerte Farbstoffe.“ Das Blaufärben von Stoffen allein macht den „Mühlviertel Blues“ noch nicht aus, sondern die traditionelle Kunst des Blaudrucks – eine etwas irreführende Bezeichnung, denn eigentlich wird nicht blau gedruckt, sondern das Gedruckte vom Blaufärben ausgenommen. Die von der Familie Wagner verwendeten Muster sind, traditionell überliefert, im Laufe der Jahrhunderte entstanden: „Jedes Muster hatte eine gewisse Symbolik oder war gewissen Berufsgruppen zugeordnet.“

Blaudruckerei Koó

In Steinberg im Burgenland, eine halbe Autostunde südlich von Eisenstadt, steht ein langgezogenes weißes Haus mit tiefblauen Fensterläden und Türen. Wer da eintritt, atmet den alten, erdigen Geruch der Küpe. Das ist das Farbbad, in dem Indigo, der sein Ursprungsland Indien im Namen trägt und aus einem tropischen Strauch gewonnen wird, mit Kalk und Wasser gelöst ist. In metertiefen in die Erde versenkten Steinbottichen glänzt diese Lösung an der Oberfläche geheimnisvoll blau-schwarz; darunter liegen eine helle gelbe und eine grüne Schicht. Erst in Reaktion mit dem Sauerstoff der Luft entwickelt sich das typische Blau. Wenn der Stoff hier als Meterware getaucht wird, ist das Muster schon aufgedruckt. Denn der Blaudruck entsteht im Negativ-Verfahren.

So undurchdringlich die Küpe an der Oberfläche spiegelt, so unergründlich sind die Rezepturen. Sie werden seit Generationen nur in der Familie weitergegeben. Die eine ist die Mischung des Farbbads, die andere ist der sogenannte Papp. Das ist das leuchtend türkisfarbene Gemisch, welches mit Modeln oder im handbetriebenen Walzen-Druck aufgebracht das Muster ausspart. Neben Gummi, Arabicum, Farb-Pigmenten, Tonerde und Wasser gibt es eine Reihe geheimer Zutaten, die über das Gelingen des Drucks entscheiden. Erst wenn der Stoff dicht versiegelt ist – der Papp wird nach dem Färben ausgewaschen –, hebt sich das Muster später in Naturweiß kontrastreich und in all seinen feinen Details klar vom Indigo ab.

Die Familie Koó, die mit ihren bis zu 200 Jahre alten Arbeitsgeräten ganz besonders behutsam umgeht, verbindet das alte Handwerk mit mutigen Neuanwendungen. Dabei trägt sie ihre Produkte – doppelseitig bedruckte Stoffe sind ihr Spezialgebiet – über Färbermärkte und Museen in die Welt hinaus. Sie regt die Zusammenarbeit mit jungen Kreativen und Mode-Schulen an und experimentiert mit Materialien wie Seide, Baumwolle und Leinen. Und sie platzt vor Stolz, wenn ein japanisch-österreichisches Designer-Paar eine Schuh-Kollektion aus mit Blaudruck veredeltem Leder für New York und Tokyo zaubert, die, noch bevor sie in den Geschäften ankommt, ausverkauft ist.

Josef Koó ist der letzte Färbermeister im Burgenland, der in traditioneller Art im Handdruckverfahren und mit Walzen druckt und Stoffe mit pflanzlichem Indigo färbt: „Unsere Spezialität sind die Doppeldrucke, die auf Vorder- und Rückseite je ein anderes Muster aufweisen. Diese werden mit einer alten, von Hand betriebenen Walzendruckmaschine hergestellt“, erzählt Koó. Wagner und Koó treffen einander jedes Jahr beim Färbermarkt in Guttau. Ob sie einander als Konkurrenten sehen? Wagner lacht: „Unser einziger Konkurrent ist der Holzwurm.“ Und zwar deshalb, weil die Holzmodeln mit den Druckmustern bis zu 200 Jahre alt sind und zwangsläufig irgendwann wurmstichig werden.

LINKTIPPS:

  • Blaudruckerei Koó – Original Burgenländischer Indigo-Handblaudruck
    In der Blaudruckerei Koó werden Führungen durch die 1921 gegründete Werkstatt
    angeboten. Termine nach telefonischer Vereinbarung.
    www.originalblaudruck.at
  • Produkte erhältlich bei der Blaudruckerei Koó, im Shop des Schloss Esterházy in
    Eisenstadt (www.schloss-esterhazy.at)
  • Blaudruck Wagner
    In Bad Leonfelden im oberösterreichischen Mühlviertel, der zweiten ehemals
    blühenden Blaudrucker-Region in Österreich, macht die Familie Wagner blau – seit
    1878 und mittlerweile in vierter Generation.
    www.blaudruck.at
  • Blaudruck Wagner Imagevideo
  • Blaudruckwerkstatt Gutau
  • Trachten Rita Netzberger: www.ritas-tracht.at

Märkte:

Färbermarkt in Gutau, Färbermuseum und Blaudruckwerkstatt
Das Museum ist von Mai bis Oktober geöffnet. Unter der Telefonnummer +43 676
6854983 können Sie jederzeit, auch außerhalb der Öffnungszeiten, Führungen
buchen und sich informieren (faerbermuseum@aon.at). Gerne gibt auch das
Gemeindeamt Gutau Auskunft und organisiert für Sie einen Museumsbesuch.

Färbermarkt am 05. Mai 2019

Ein Tag zum Blaumachen..

  • Internationaler Treffpunkt für Blaudrucker, Färber, Leinenweber und Kunsthandwerker
  • Führungen durch das Färbermuseum
  • Schaufärben in der Zeugfärberei
  • Modeschau in…
  • Färbermuseum: Das historische Färberhaus im Mühlviertler Gutau zeigt eindrucksvoll alle Arbeitsvorgänge der bis 1968 intakten Färberei. 1. Mai bis 31. Oktober: Führungen:
    jeden Mittwoch um 10:00 und 11:00 Uhr
    jeden Freitag um 15:00 und 16:00 Uhr

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